TIWAG Talausleitungen Tiroler Oberland
Die Tiroler Wasserkraft AG (TIWAG) plant, das bestehende Speicherkraftwerk Kaunertal auszubauen. Sie möchte dafür die mächtigen Gletscherflüsse des Ötztals, die Venter Ache und Gurgler Ache ausleiten. Bei Talausleitungen wird das Wasser eines Tales in einen Stausee, meist in einem anderem Tal, übergeleitet und von dort ‚abgearbeitet‘. Es wird also nicht dem Fluss wieder zugeführt, dem es entnommen wurde und fehlt dementsprechend zur Gänze dem Tal aus dem es ausgeleitet wurde. Im Folgenden schauen wir, welche Täler im Tiroler Oberland bisher schon ihr Wasser für Kraftwerks-Speicher hergeben mussten.
Ein Blick ins TIRIS zeigt, dass die allermeisten Fließgewässer im Tiroler Oberland (sowie auch im restlichen Tirol) zumindest Abschnittsweise als Restwasserstrecken ausgewiesen sind. Im Einzugsgebiet des Inn werden ca. 44% der Gewässerstrecken für die Wasserkraft genutzt, und ca. 35% sind Restwasserstrecken (4). Nicht alle diese Restwasserstrecken werden von der TIWAG verursacht, dabei sind z.B. auch Gemeindekraftwerke. Bei Talausleitungen aber hat die TIWAG einen erheblichen Anteil, insbesondere leitet sie für ihre Großkraftwerke Sellrain-Silz (Kühtai) und das Kaunertalkraftwerk viele Bäche und Flüsse aus verschiedenen Tälern in ihre Speicherseen über. Und auch das Gemeinschaftskraftwerk Inn (GKI) leitet den Inn für viele Kilometer aus. Nur die Talausleitungen im Zillertal und Paznaun & Verwall dienen Speichern des Verbunds bzw. der Illwerke.
Ausleitungen aus den Tälern
Für die Kraftwerksgruppe Sellrain-Silz zieht die TIWAG jetzt schon Wasser aus dem Stubaital, dem Sellrain und dem Ötztal ein – das dann direkt zum Inn hin abgearbeitet wird. Sellrain-Silz wird zur Zeit ausgebaut, im Kühtai wird hierfür ein 3. Speicher angelegt und es werden neue Wasserausleitungen aus dem Stubaital und dem Ötztal gebaut. Das Kaunertalkraftwerk bekommt sein Wasser aus dem Pitztal, dem Kaunertal und Bächen, die direkt zum Inn fließen. Im Detail:
Stubaital
Zur Zeit wird der Alpeinerbach für das Kraftwerk Sellrain-Silz eingezogen. Komplett, zu 100%, ohne Restwasser (1). Für den Ausbau KW Sellrain-Silz kommen dann nach der Fertigstellung noch der Unterbergbach, Daunkoglfernerbach und Fernaubach dazu (zusammen 3,7m³/s (6)).
Sellrain
Das Sellrain liefert 10 Bäche an die Kraftwerksgruppe Sellrain-Silz ab, im hinteren Tal werden alle Seitenbäche der Melach gefasst. Das sind: Unterer Lisener Bach, Oberer Lisener Bach, Fernaubach, Schöntalbach, Moarlerbach, Schafalmbach, Gleirschbach, Kraspesbach, Stockachbach und Klammbach. Alle komplett, zu 100%, ohne Restwasser.
Ötztal
Derzeit werden der Horlachbach und der Mittertalbach ins Kühtai in die Kraftwerksgruppe Sellrain-Silz übergeleitet. Längentalbach und Finstertalbach verschwinden direkt in den Stauseen.
Mit dem Ausbau der KW-Gruppe Sellrain-Silz (derzeit im Bau) kommen noch der Fischbach, Schranbach und Winnebach dazu (zusammen knapp 9m³/s (5)).
Mit dem Ausbau KW Kaunertal kämen noch Venter Ache, Gurgler Ache, Königsbach und Ferwallbach dazu (zusammen ca. 80m³/s).
Pitztal
Ins Kaunertalkraftwerk: Pitzbach (5,4 m³/s) und Taschachbach (12,1 m³/s) (1) – die zwei großen Bäche, die die Gletscher im hinteren Pitztal entwässern. Die TIWAG zieht hier somit treffsicher das Wasser der großen Gletscher im hinteren Pitztal ein.
Kaunertal
Ins (bestehende) Kaunertalkraftwerk: in den Gepatschstausee geleitet werden der Rosnitzbach, der Watzebach, der Madatschbach, der Verpeilbach und der Gsallbach (zusammen ca. 9m³/s (1)). Der Fissladbach verschwindet direkt in der Druckrohrleitung und die Fagge direkt im Stausee.
Inntal Oberes Gericht
Das Obere Inntal oberhalb von Prutz bekommt einerseits die Schwallbelastung des Inn ab, die von den Innkraftwerken bis im Engadin versursacht wird. Außerdem leitet das Gemeinschaftskraftwerk Inn (GKI) 75m³/s aus dem Inn aus, von Ovella an der Schweizer Grenze bis nach Prutz (1). Radurschlbach und Tscheybach, die in Pfunds in den Inn münden sollten werden ins Kaunertalkraftwerk ausgeleitet (zusammen ca. 7 m³/s).
Sollte das KW Kaunertal ausgebaut werden, dann fehlt dem oberen Inn in Zukunft auch noch das Wasser des Platzerbachs, denn das Platzertal soll zum Stausee werden.
Zillertal und Paznaun & Verwalltal
Auf der Restwasserstrecken Karte fallen außerdem die Ausleitungsstrecken im Zillertal und ganz im Westen Tirols auf. Das Wasser aus dem Paznaun und Verwalltal geht an das Kops I Kraftwerk der Vorarlberger Illwerke. Nämlich: Trisanna, Jambach, Idbach, Fimbabach, Larainbach, Rosanna, Fasulbach. Das Zillertaler Wasser wird für die Speicher der Verbund AG genutzt.
Keine Ausleitungen
Weit und breit ist im Oberland alles ausgeleitet, was die Wasserkraft zu fassen bekommen hat. Auf der Restwasserstrecken Karte fallen zwei Ausnahmen auf: Der Lech im Norden Tirols, den der ist geschützt (3). Und das hintere Ötztal, denn es wehrt sich mit Händen und Füßen gegen die geplanten Ausleitungen.
Quellen und Links
- Infos zu Ausleitungen aus: TIRIS Maps – Amt der Tiroler Landesregierung
- Kraftwerkskarte TIWAG: TIWAG – Kraftwerkspark
- Schutzgebiet Lech: Tiroler Schutzgebiete
- http://www.unser-inn.at/wp-content/uploads/2016/01/Gewaesserschutzplan_Unser_Inn_2015.pdf
- Berufung gegen den Feststellungsbescheid der Tiroler Landesregierung bezüglich des Vorhabens „Wasserkraftanlage Ötztaler Ache, Tumpen – Habichen“, 2013
- Gutachten: Projekt „Speicherkraftwerk Kühtai“ der TIWAG – Auswirkungen auf den Unterlauf der Ruetz und Sill, Ing.-Büro Hydroconsult GmbH, 2014
Blogbeitrag „So sieht es nach der Ausleitung am Oberen Inn aus – Dasselbe würde auch der Ötztaler Ache drohen“ von Markus Wilhelm, 01.04.2024